Es ist soweit!
Unser Wagen ist mit Ersatzteilen bepackt und ein Spiegel auf der Beifahrerseite (zwingend für Schottland) ist auch montiert. Die Beifahrerin auf das Fahren von Oldies erneut geprüft! (wie jedes Jahr) und für schottlandtauglich befunden.
Und hier ein kleiner Wetterbericht:
Shetlands - Lerwik 9 Grad, starker Wind
Aberdeen 7 - 11 Grad, schwache Briese
Orkney 7 - 13 Grad, 80% Regen
Wir sind gerüstet!!
Tschüß bis Ende Juni, wenn der Opel und wir durchhalten.
Gudrun + Wolfgang
Mit dem Bericht hat es dann etwas gedauert. Vor allem wegen der vielen Fotos, die auf immerhin 4.600 Kilometern entstanden sind. Kilometer, die man nicht durchweg als Straßenkilometer bezeichnen kann…
Ursprünglich sollte die Schottlandreise am Dienstag nach Pfingsten starten, um den versprochenen Zwischenstopp bei Nikolaus von Kielmansegg zu verwirklichen. Die Arbeiten am Super 6 hatten sich aber derart in die Länge gezogen, dass wir dieses Vorhaben leider absagen mussten. Schließlich und endlich starten wir am Mittwoch, 27. Mai 17 Uhr in Böblingen Richtung Amsterdam. Bei Dunkelheit erreichen wir unser Hotel in Köln für eine kurze Nacht. Die Weiterfahrt ist etwas strapaziöser, da die holländischen LKW-Fahrer zwar einen fairen, aber härteren Fahrstil haben.
Wir erreichen den Fährhafen rechtzeitig. Schnell noch ein paar Matjes auf sonnigen, aber nassen Holzbänken, dazu natürlich ein Heineken Bierchen, dann geht’s aufs Schiff.
Die steilen Rampen sowie die optimale Platzausnutzung strapazieren den Super 6 und die Mannschaft. Die Lenkung geht nun mal nur im Rollen auf dem rauen Schiffsdeck und es muss genügend Platz auf der Beifahrerseite sein, die einzige Tür zum Auf - und Abschließen.
Die Überfahrt in der Nacht verläuft ruhig. Das Entknäueln der Fahrzeuge auf den Decks erfolgt erstaunlich entspannt und flott. Wir haben wieder festen Boden unter den Rädern.
Newcastle – England, das Schildchen „LINKS“ an der Windschutzscheibe innen wird jetzt wichtig!
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Als erstes Volltanken. Die Tankuhr zeigt fast immer voll, deshalb halten wir uns an die gefahrenen Meilen. Wir kaufen Notproviant und Getränke und zahlen mit EC-Karte, es funktioniert, alles roger!
Es geht nach Norden. Es regnet ganz leicht trotz blauem Himmel, Englandwetter eben. Nach 30 Meilen ist Tea-time.
In einem kleinen Städtchen im Café Post-Box wollen wir scones and tea mit Karte zahlen, aber die ist unauffindbar. Wir können sie nur bei unserem Einkauf vergessen haben. Ohne die Hilfe der beiden Post-Box-Ladies hätten wir nie Auskunft bekommen, wo sich die EC-Karte befindet. Wir mussten nach Erinnerungsfotos und herzlichem Dank 30 Meilen zurück, um wieder komplett zu sein.
Nach gut 70 Meilen überqueren wir warm eingepackt die schottische Grenze. Es ist eine eigenartige Stimmung an dem geschichtsträchtigen Platz.
Die aufgebaute TV-Kamera scheint den Super 6 erwartet zu haben. Bei sinkender Sonne stoßen wir im nächsten Pub mit Whisky an.
Weiter geht’s am nächsten Tag nach Melrose zur Abbey. Die riesige Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert macht uns ganz klein.
Wir umrunden Edinburgh (das wir von einer früheren Reise kennen), fahren auf der neuen Autobahnbrücke über den Firth of Forth und bestaunen die alte Eisenbahnbrücke über den Forth. Sie ist immer noch in Funktion. Ein langer Zug erinnert uns an die Ballade „Die Brücke am Tay“ von Theodor Fontane. Wir erinnern uns nur noch an Bruchstücke, wir konnten es mal auswendig.
- Wie Splitter brach das Gebälk entzwei -
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Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand
Unser nächstes Ziel – Schloss Balmoral, der Sommersitz der Queen. Nur haben wir die Rechnung ohne unseren Zeppelin gemacht. Schon im Blackwater-Tal zeigt er schräg nach oben in Richtung Windschutzscheibe und wackelt verdächtig. Wir wissen, so ohne weiteres lässt er sich nicht abschrauben! Ein kleiner Schluck Whisky löst dann die geistige Verspannung. Ein dünnes, langes Schilfrohr vom Uferrand mit aufgeklebtem Bit (die genialste Idee des Tages) und wir können die Schraube endlich rausdrehen.
Wir erreichen Schloss Balmoral noch rechtzeitig zur Tea-time. Leider ohne die Queen, doch weite Spaziergänge durch ihren Park und die traumhafte Umgebung bei strahlendem Wetter lassen uns die Aufregung um den Zeppelin schnell vergessen. Ab jetzt fährt unser Zuverlässiger ohne ihn weiter. Am Abend im einsamen Gasthaus „Allargue Arms“, bester Hirschbraten aus der Umgebung, köstlich!
Nebel und passähnliche Straßen mit 20% Gefälle und abenteuerlichen Brücken erwarten uns am nächsten Morgen bei der Fahrt durch die Cairngorms Mountains. Wir haben nur 7°C! Im Super 6, der keine Heizung hat und bei dem auch noch der Wind durch das Dach pfeift, ist das schon ziemlich ungemütlich.
Vorbei am berüchtigten Schlachtfeld von Culloden finden wir eine gemütliche Unterkunft mit Blick auf Loch Ness und erkunden zwei Tage lang die Gegend. Es ist auch Zeit für einen ausgiebigen Check vom Super 6 nach 1500 Kilometern.
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Alles gut! Frühmorgens rollen wir weiter nordwärts. Bevor wir den Dornoch-Firth überqueren, besuchen wir die Glenmorangie Distillerie. Eine alte Dame ist entzückt vom Auto und dem Baujahr 1937, das auch ihr Geburtsjahr ist, lädt uns spontan zu einem Whisky ein und dann sitzen wir drei vor dem Super 6 und erzählen von früher.
Über eine atemberaubende Küstenstraße mit kühnen Brücken erreichen wir den nordöstlichsten Zipfel Schottlands, den Hafen von Thurso, eine Stunde vor der Abfahrt der Fähre zu den Orkney-Inseln. Und wie immer haben wir Glück, wir bekommen noch ein Ticket. Die Überfahrt ist stürmisch und dennoch grandios.
Die grünen, baumlosen Orkney-Inseln sind beeindruckend auch durch ihre prähistorischen Schätze. Die Inselbewohner lebten schon vor 5000 Jahren in Steinhäusern, hatten steinerne Möbel und Ställe im Haus. Das restaurierte Dorf Skara Brae ist älter als die Pyramiden und optimal zu besichtigen.
Wir haben die Inseln drei Tage lang durchkämmt bei Sonne, Wärme, Regen, Kälte, Sturm und zuletzt einem Orkan, der unsere Fährfahrt zu den Shetlands verhindert. Die Aufregung ist groß, wir müssen am nächsten Morgen die letzte Fähre zum Festland erreichen, um nicht mindestens drei weitere Tage auf Orkney festzusitzen. Es hat geklappt!
Die Küstenstraße von Osten hinüber zum Nordwesten zu befahren ist eine Herkulesaufgabe .Es schüttet den ganzen Tag wie aus Kübeln, wir haben gefühlte 2 Grad, alles wird feucht. Der Orkan schüttelt uns und der Super 6 erfordert unter diesen Bedingungen enorme Lenkkräfte. Wir müssen ständig im zweiten Gang fahren, der Benzinverbrauch steigt ins Unermessliche, wir können es nur erahnen und hoffen auf eine Gas-Station.
Keine kommt!
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Am anderen Tag Ausflug mit der Fähre (Ruderboot mit Hilfsmotor für vier Passagiere plus Kapitän) zum Leuchtturm am Cape of Wrath, dem nordwestlichsten Punkt Schottlands.
Von Ullapool mit der Fähre zu den Äußeren Hebriden. Lewis – Harris – North Uist. Wir übernachten in einer stillgelegten Jugendherberge, da alle anderen Quartiere belegt sind. Duschen, Zähneputzen, Tea, Frühstück – fällt alles aus. Zum Glück läuft die Fähre zur Insel Skye planmäßig aus
Skye: Sonne, tolle Landschaft, spektakuläre Klippen, gegrillter Fisch – wir logieren im Herrenhaus! Es ist ein Wochenende und wir kurven von rechts nach links über die wunderschöne Insel zur Fähre nach Mallaig.
Pech, es ist alles ausgebucht. Wir geben nicht auf, dieses alte Auto mit schwacher Batterie und einem Motor, der immer wieder ausgeht und eigentlich ist es ja klein und Benzin hat es nur noch wenig und vielleicht könnte man die anderen Autos ein bisschen zusammenschieben .Der Offizier bedeutet uns, sich in die Schlange der Wartenden ohne Ticket zu stellen. Die nächste Überfahrt wäre am Abend! Wir sehen, auf der Fähre wird hin und her rangiert, ein kleiner Platz direkt hinter der Laderampe tut sich auf – und der ist für uns. Wir sind überglücklich.
In Mallaig (Festland) gibt es Deerburger and Mussels in einem Restaurant am Meer. Zwei Stunden später, auf dem Weg nach Fort William, sehen wir weit entfernt Schnee. Da müssen wir rauf. Ausgedehnte Wanderungen bei Schottlandwetter sind unsere „Ruhetage“ genau wie das Durchchecken vom Super 6 nach 3000 Kilometern. Ben Nevis ist der höchste Berg Schottlands und immer schwer zu besteigen. Mit einer Gondel schweben wir in dichtem Nebel auf einen Nachbargipfel.
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Nur sehen kann man auch hier kaum die Hand vor Augen.
Nach unseren etwas ruhigeren Tagen führt uns ein Abstecher durch das berühmteste Tal Glen Coe und das bei Sonnenschein. Einfach großartig.
Später über Oban auf die Insel Mull. Es ist Sonntag und unser Sprit wird knapp. Die Rundtour auf der Insel führt an der Tobermory-Destillerie vorbei und dann wird es kritisch. Kaum Benzin mehr und die Tankstellen geschlossen. Ein kleines Dorf mit Übernachtungsmöglichkeit können wir noch erreichen. Also gleich am Montagmorgen zum Tanken, aber „Sorry no Gas“, der Tankwagen kommt erst am Dienstag mit der Fähre, mit der wir weiterreisen wollen. Also pokern wir und prompt soll der Ersatzkanister herhalten. Doch die fünf Liter sind schnell verbraucht. Eine Linienbusfahrerin will uns helfen und den Kanister gefüllt bei der Rückfahrt zurückbringen. Wir danken ihr und hoffen es bis zur Fähre zu schaffen.
Auf zur letzten Etappe, auf die Insel Islay, die Whisky-Insel. Diese mit Moor und Torf überzogene Insel ist Schottland pur. Sonne und Wolken, Wind und Regen, Pubs und Salzluft, Whisky-Destillerien. Wir besichtigen die drei Großen. Bowmore, Ardbeg und Laphroig, kombiniert mit längeren Wanderungen durchs Moor und am Meer entlang. Abends im Pub werden die verschiedenen Whiskys erneut getestet. Hoffentlich sind wir morgen früh wieder nüchtern, um die Fähre nach Kennacraig aufs Festland zu erreichen.
Wir rollen im Regen zum Loch Lomand und nehmen Abschied von Schottland. Auf der Freitagsfähre nach Rotterdam ist noch Platz. Wir buchen und haben für die verbleibenden 540 Kilometer noch 17 Stunden.
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Die kurze Nacht verbringen wir bei 7 Grad sitzend im Super 6, auf einer einsamen Wiese unweit der Autobahn.
Rechtzeitig treffen wir am Freitag 19. Juni um 14 Uhr an der Fähre in Hull ein.
Die Strecke Rotterdam – Böblingen kennen wir auswendig.
Gudrun und Wolfgang Renner *82
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